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27. Februar 2008

Auf vielfachen Wunsch: Die ASP-Bio aus HORROR VACUI in Hierzuländisch

Wir wurden von einigen Leuten gebeten, die schicke ASP-Bio aus der neuen Retrospektive doch bitte auch auf Deutsch zu veröffentlichen. Nichts leichter als das, Euer Wunsch ist uns Befehl: Wir dachten ja, Ihr wüsstet schon alle bescheid...
Geschrieben hat das gute Stück aber nicht der Herr Schmetterling, sondern der gute

Björn Springorum,

dem ihr gerne mal als Dankeschön für seine Mühen einen Gruß auf seinem Myspace-Account hinterlassen dürft. Hier findet Ihr ihn: Björns Space
Viel Vergnügen beim Lesen!

Deutschland im Frühjahr 2007: Gerade hat das kultbehaftete Gothic Rock-Ensemble ASP mit Requiembryo der Saga um den „Schwarzen Schmetterling" einen triumphalen Höhepunkt beschert, der noch lange nachhallen soll.
Das epochale Doppelalbum, an dem die Band monatelang wie besessen arbeitete, verschaffte ASP neben den höchsten Chartplatzierungen der bisherigen gut achtjährigen Bandgeschichte auch die bisher größte mediale Aufmerksamkeit. Das Werk kann, einem Phönix gleich, bis auf Rang 38 in den popverseuchten Media Control Charts emporfliegen. Mit einem Gefühlsgemisch aus Trauer und Euphorie über den Abschluss des Schmetterlings-Zyklus, über den Bruch mit diesem nervenaufreibenden und tiefe Wunden hinterlassenden Lebensabschnitt im Bauch, der die Band immerhin seit Anfang begleitete und fest im Griff hatte, spielen ASP zwei umjubelte und rekordverdächtig besuchte Tourneen in den größten Hallen und Clubs des bisherigen Werdegangs. Wie aber ist er zu erklären, der kometenhafte Aufstieg von ASP zu Deutschlands Gothic Rock-Formation und Fan-Lieblingsband Nummer Eins? Wo kommt er her, der Schwarze Schmetterling? Und was lauert hinter den düsteren, eisenbeschlagenen Toren des Dunklen Turms? All diese Fragen, all diese Mysterien führen nach Hessen, wo vor gut acht Jahren, ausgerechnet in der Bankenmetropole und Wirtschaftshochburg Frankfurt, ein überaus lyrisch-poetisches Projekt geboren wird.
Deutschland im Sommer 1999: Matthias Ambré und Alexander „Asp" Spreng müssen feststellen, dass sie nach einer längeren kreativen Pause trotz allem nicht ohne das Musizieren leben können und beschließen unter großen Kastanienbäumen und bei kühlen Getränken, sich zu einem musikalischen Duo zusammenzutun. Die beiden beschließen nach reiflicher Überlegung, das Projekt ASP zu nennen, da der Namensgeber das kreative Konzept übernehmen und Matthias als Produzent und Arrangeur das nötige Know-how zur Verfügung stellen soll, um diese Visionen umzusetzen. Gesagt, getan: Fortan geistert eine Band mit einem rätselhaften Namen durch die dunkle Szene. In den nächsten Jahren sollte viel über diese klangvolle Buchstabenkombination gerätselt werden, wobei auch der Umstand, dass Asp die englische Bezeichnung für eine Vipernart ist, gehörig à–l ins lodernde Feuer der Spekulationen goss. Doch dies war nur ein kleiner Baustein im stetig anwachsenden kryptischen und mysteriösen ASP-Kosmos, der sich schon sehr früh entfaltete. Komplett in Eigenregie nehmen sie bald darauf in Matthias´ Kellerstudio „Das Zwerk" eine allererste 3-Track-Demo CD auf.
Was jedoch war an der Musik dieses jungen Quartetts so besonders, dass es sich gegen die damalige Future Pop- und Dark Electro-Übermacht durchsetzen sollte? Was haftete den auf der Demo-CD enthaltenen Songs Schwarzer Schmetterling, Sing Child und Teach Me War an, das aus der Demo-Band ASP innerhalb kürzester Zeit einen der gefragtesten Gothic-Acts Deutschlands werden ließ? Die Antwort ist dabei so simpel wie einleuchtend und dennoch extrem selten zu finden: Substanz! Wie sonst ist es zu erklären, dass einer der ersten überhaupt geschriebenen ASP-Songs, das unsterbliche Sing Child, auch heute noch zum Stammrepertoire einer jeden schwarzen Szene-Disco gehört, dass diese unvergessliche Hymne bei Konzerten ein unverzichtbarer Programmpunkt ist. Schon damals zeigen sich die unverkennbare Handschrift der Band sowie der Drang, starke Emotionen in ein passendes Tongewand zu kleiden. Schon damals hat die Formation große Pläne.
Zwölf Monate später bereits kommt man diesen Plänen ein gutes Stück näher: Ein Plattenvertrag mit dem schon damals prestigeträchtigen Label Trisol und die Veröffentlichung des ersten Werkes Hast du mich vermisst? künden überdeutlich davon, dass ASP einige Dinge grundlegend richtig gemacht haben müssen. Ein großer Aufschrei ging im noch jungen Jahrtausend durch die schwarze Szene, als Stücke wie Und wir tanzten oder Sing Child das erste Mal durch die Gothic-Tanztempel dröhnten. „Welche Band ist das?", wurden unzählige DJs von Horden neugieriger Clubgänger gelöchert. Mit wissendem Lächeln und viel Verständnis für die begeisterten Blicke der Fragenden wurden daraufhin überall in Deutschlands DJ-Kanzeln jene drei Buchstaben laut ausgesprochen, welchen fortan eine ganz besondere Magie innewohnen sollte und die gleichsam zu einem Synonym für stets neue Begeisterung der Clubbesucher wurden: „ASP!"
Neben dem durchschlagenden Erfolg in den düsteren Tanztempeln ist es vor allem die mitreißende energetische Live-Show, mit der sich die Jungs von ASP postwendend in die Herzen ihrer Zuhörer und Zuschauer spielen. Sie bestehen von Anfang an auf handgemachtes Musizieren, wofür Andreas Groß und Oliver Himmighoffen, zwei ehemalige Mitstreiter und enge Freunde der beiden, an Bord geholt werden. Und diese Grundformation hat bis heute Bestand! Anfangs gehören sogar Chorsänger zum Repertoire der Live-Show, um die auf den Alben bis heute alle selbst gesungenen mehrstimmigen Chöre stimmig in Szene zu setzen. Nach einigen Jahren jedoch verzichtet man auf die Chorsänger, woraufhin Matthias und Andreas die zusätzlichen Gesänge übernehmen.
Notorischen Schubladendenkern machten es die Newcomer jedoch alles andere als leicht: Hat man es nun mit einem Electro-Act oder einer Gothic Rock-Formation zu tun? Aus irgendeinem fadenscheinigen Grund scheint sich die Band in beiden Gefühlen wohl zu fühlen. Was erlauben sich diese jungen Wilden denn? Elektronische Beats und Dark Electro-Sequenzen, dann aber wieder harte, ja regelrecht schrammelnde Gitarren und eine gewisse theatralische Musical-Ader. Skandalös! Man konnte die Anstrengungen der damaligen Musik-Fachpresse förmlich spüren, wie sie mühsam nach einer Genre-Bezeichnung für die wagemutige Kollaboration verschiedenster Elemente düsterer Gothic-Klänge aus dem schwarzen Zylinder zaubern wollten. Die nächsten ASP-Werke machten es den notorischen Kategorisierern dann schon gehörig leichter, schließlich zeichnete sich bereits auf Hast du mich vermisst? ein solch hohes Maß an Eigenständigkeit und grenzwandlerischer Innovation ab, dass man kurzerhand eine ganze Schublade des riesigen Gothic-Archivs mit dem schnörkelig beschriebenen Etikett „ASP" versah.
Und dann war da ja noch die Geschichte um den Schwarzen Schmetterling. Auch hier schürten ASP wieder großes Rätselraten, gepaart mit einer Menge Faszination. Und in der Tat entwickelte sich die Saga um den Schwarzen Schmetterling, Asps dunkles, bösartiges Alter Ego, zu einem der tiefgreifendsten, faszinierendsten und ausgereiftesten Konzeptzyklen der jüngeren Gothic-Szene. Beheimatet im Dunklen Turm, einem grausigen, bizarren Ort voller im Nichts endender Gänge, Türen, hinter denen schreckliche Geheimnisse lauern und schauriger Phantome, präsentiert sich mit dem Schwarzen Schmetterling ein Geschöpf in der à–ffentlichkeit, welches das Phänomen ASP und die Geschicke der Band für viele Jahre leiten und begleiten sollte.
Denkbar also, dass auch das Zweitwerk Duett, welches bereits ein knappes Jahr nach Hast du mich vermisst? am 26.10.2001 erscheint, ähnliche Reaktionen hervorrufen kann. Mit dem tatsächlichen Erfolg von Duett hatte aber wohl selbst die Band nicht gerechnet. Dabei ist es vorwiegend wieder die gewagte Mischung aus Dark Electro- und Rock-Elementen, die jedoch eine Affinität zu organischen Instrumenten erkennen lässt, in steter Verbindung mit dem charismatischen, ausdrucksstarken und vor allem wandlungsfähigen Gesangsorgan von Asp, bei dem Fans bis heute manchmal nicht glauben können, dass es nur eine Stimme ist, die mit sich selbst zu kommunizieren vermag. Ein „Duett", das der Protagonist also mit seinem eigenen Alter Ego anstimmt?
Schnell wird klar, dass der Gothic-Szene mit ASP keine musikalische Eintagsfliege (oder kein Eintagsschmetterling?) beschert wird, das zeigt sich an der Klasse von Stücken wie Kokon, Tiles oder dem wohl symptomatischsten ASP-Song, Die kleine Ballade vom Schwarzen Schmetterling, die sofort einen festen Platz in den Herzen der immer zahlreicher werdenden Fans ergattern können. Insbesondere letzterer Track, eine selbsterklärende Hymne, birgt den Schlüssel zur Geschichte um den Schwarzen Schmetterling, um die schizophren anmutende Gefühlsspaltung zwischen Abscheu und Anziehung, der Asp seit dem ersten Werk ergeben ist. Diener und Herr gleichermaßen, birgt jedes bisherige ASP-Album neue Erkenntnisse aus dem Dunklen Turm, frische Neuigkeiten von der Front, an der der Kampf Gut gegen Böse mit allen erdenklichen Mitteln ausgefochten wird.
Nächtelang vergraben sich Fans in ihre Gemächer, studierten die oftmals als Dialoge zwischen Asp und seinem Gegner und Verbündeten zugleich, dem Schwarzen Schmetterling, konzipierten Lyrics, werden wie Asp selbst tiefer und tiefer hineingezogen hinter die Tore des Dunklen Turms. Und wie dermaßen wohl sich die Fans darin fühlten, bewiesen die Anhänger in stetig wachsender Zahl bei den Konzerten der Band.
Prädikate wie fanfreundlich und szenenah gehören bei Bands mit wachsendem Erfolg dabei ja ganz automatisch in den Pressetext und die Interviews. Kaum eine Band, auch nicht aus dem oftmals als ungemein intim und persönlich angepriesenen Gothic-Metier, wurde dem in dem Maße gerecht wie ASP. Viel eher als gegenseitiges Vertrauensverhältnis und blindes Verstehen denn als strikte Trennung zwischen Künstler und Fan angelegt, fühlen sich die bereitwillig Untergebenen des Schwarzen Schmetterlings bei „ihrer" Band so gut aufgehoben wie nirgendwo sonst. Eine unglaubliche Fannähe bei und nach Konzerten, Asps Tätigkeiten als DJ in der Karlsruher Kulturruine, die große und aktive Web-Fancommunity „Die Zusammenkunft" oder der offizielle Fanclub „Die Schwärmer", mit dem die Band einmal jährlich ein sehr intimes Fantreffen veranstaltet, sagen hier mehr als tausend gut gemeinte Vorsätze.
Und vor allem der Live-Sektor ist es, auf dem die Band in den nächsten Jahren ungeahnte Qualitäten entfalten sollte. Schnell entwickelte man sich zu einem klassischen Rock-Outfit, welches bis heute mit echten Drums, Gitarre, Bass und Gesang für kochende Hallen sorgt. Dabei ging es ASP nie um die Festlegung auf eine bestimmte musikalische Ausprägungsform. Doch dies bekam die Gothic-Welt mit Weltunter im Sommer 2003 leibhaftig zu spüren: Bereits die Ouvertüre des Albums, die das Motiv der Ballade vom Schwarzen Schmetterling erneut aufgreift, verdeutlicht, wohin der Weg führt: Tiefer, immer tiefer hinein in die spinnwebenverzierte, modrige Dunkelheit des Dunklen Turms. Abermals übertreffen ASP alle Erwartungen geradezu spielend, setzen sich gezielt zwischen die statischen Genre-Stühle und liefern ein züngelndes Bombast-Opus ab, das in Sachen Theatralik und Epik viele andere Genre-Releases in diesem Jahr alt aussehen lässt. Hässlich, der Titelsong zu einem Kreativ-Wettbewerb, bei dem die Fans selbst eingesungene Versionen des Tracks sowie Zeichnungen erstellten, das monumentale Stille der Nacht, die fegende Wucht in Lykantrophie oder der bisher zu diesem Zeitpunkt sicherlich größte Hit, Ich will brennen, decken ein gewaltiges musikalisches Spektrum ab.
Beispiellos szenenah geben sich ASP mit ihrem Statement zum brisanten Thema „Kopieren von Musik". Mit der Veröffentlichung der Single Ich will brennen starten sie eine Kampagne gegen die vom Staat geplante Abschaffung des Rechts auf Privatkopie. Der Single legen sie einen CD-Rohling, eine Informationsschrift und Aktionsaufkleber bei. Auf einer dafür eingerichteten Webseite kann man eine Petition unterzeichen und im Diskussionsforum Argumente zu diesem Thema austauschen. ASP gelang es mit dieser Kampagne, auf die immer kleiner werdende Wertschätzung gegenüber der Kunst Musik und dem damit verbundenen Niedergang der musikalischen Vielfalt hinzuweisen.
In dieser Zeit führten viele offene Statements dazu, dass einige, wegen des Erfolges aufmerksam gewordene, „große" Firmen das Thema ASP fürderhin ächteten. Von den Musikern selbst wurde dies jedoch eher als wohlverdienter Ritterschlag denn als Karrierebremse empfunden.
Wieder und wieder bewiesen ASP, dass hinter ihren Worten mehr steckte als leere Hüllen, dass diese Band es noch ernst meinte mit sich und ihren Fans. Klare Statements, eine von vielen verstandene und geliebte Attitüde, die sich die Truppe von Anfang an auf die schwarzen Fahnen geschrieben hatte, taten ihr Übriges, um den Fans mehr zu geben als unerreichbare Rockstars mit längst aufgegebener Bodenhaftung.

Immer offensichtlicher wird die Leidenschaft des Ensembles, ihre Geschichten rund um den Schwarzen Schmetterling auch auf die Bühne zu bringen, was nicht selten in zwei ASP-Tourneen pro Jahr gipfelte. Von Übersättigung jedoch keine Spur, wie stetig steigende Zuschauerzahlen und immens anwachsende Popularität deutlich zeigten. Mehr und mehr Szenegänger geraten in den Bann von ASP, werden angezogen von Asps verzweifeltem Kampf gegen sein zweites Ich, das im Dunklen Turm auf ihn wartet und einem Vampir gleich seine Seele auszusaugen droht.
Besonders beeindruckend und wichtig bei der Inkarnation des Schwarzen Schmetterlings auch das Artwork eines jeden ASP-Werkes: In akribischer Detailverliebtheit entstand durch Ingo „Monozelle" Römling eine graphische Umsetzung von Weltunter, die spektakulärer nicht hätte ausfallen können. Ebenso durch beeindruckende Verpackungen und durch und durch auf die Musik abgestimmtes Artwork, übertreffen sich ASP fortan von Release zu Release, wissen stets noch einen draufzusetzen, was mit dem finalen Schmetterlings-Werk Requiembryo zu einem derart beeindruckenden Kunstwerk heranwächst, dass man sich unweigerlich fragen muss, was danach noch kommen kann.
Ähnlich das Rätselraten auf musikalischer Ebene: Aus der Tiefe lehrte die Neugierigen, welches Kaliber mit ASP auf die Gothic-Szene losgelassen wurde. Der stets fühlbaren Szenenähe und dem Engagement für die Gothic-Bewegung wurde mit dem beinahe als Gothic-Punk-Song zu bezeichnenden Schwarzes Blut ein treibendes Denkmal gesetzt, während sich der Rest des Albums erstaunlich tief in die sich immer mehr zuspitzende Geschichte des Schwarzen Schmetterlings eingrub und für reihenweise dramatische Momente sorgte. Wie schon beim Vorgänger fragte schon lange niemand mehr nach etwaigen Schubladen für ASP. Sie hatten schlussendlich ihre eigene kreiert: Den „Gothic Novel Rock". Angelehnt an klassische Schauermärchen und Gruselgeschichten im Stile von Edgar Allan Poe oder H.P. Lovecraft, bewegt sich die musikalische Kunst ASPs in einem lyrischen Rahmen, der durchaus mit jenen phantastischen, wohlig-schaurigen Literaten gleichzusetzen ist und den Begriff „Gothic" wie keine Band zuvor, sowohl auf der literarischen als auch auf der musikalischen Ebene, voll erfüllt.
Das versprochene Finale mit Teil vier des Zyklus blieb jedoch aus: Aufgrund hoher Materialberge im modrigen Fundament des Dunklen Turms entschloss man sich jedoch, einen finalen fünften Teil zu schreiben. Und dieser spielte Asp besonders übel mit; galt es doch, Abschied von einem langjährigen Gegner zu nehmen. Und wie so oft entwickeln sich Feinde, mit denen man jahrelang zermürbende Kämpfe ausgefochten hat, ohne einen eindeutigen Sieger zu küren, über die Zeit zu engen Vertrauten wider Willen, die einen oftmals besser kennen, als seine engsten Freunde.
Eine Zäsur, vielleicht ein dramaturgischer Kniff, um dieses Finale herauszuzögern, stellt die akustische Tour Once In A Lifetime dar, die gemeinsam mit der befreundeten Band Chamber auf die Bühne gebracht wird. Nicht in der üblichen Aufteilung Support- und Hauptband, sondern in gemeinsamer Besetzung, mit einem Programm aus dem umfangreichen Repertoire beider Bands, beweisen ASP erneut ihre musikalische Vielfalt und Flexibilität. So wird die Tournee denn auch auf einer 4-fach Live-CD, der Once In A Lifetime-Box, für die Ewigkeit festgehalten.
Und endlich, mit dem Doppelalbum Requiembryo, dem epischen Finale der Schmetterlings-Saga, nehmen ASP Abschied von ihrem zweifellos wichtigsten Weggefährten. Für Asp gleichermaßen Katharsis und Tod, beendet er den schwersten Kampf seiner Seele. Nun ziehen die Frankfurter wirklich alle Register ihres vielschichtigen Könnens: Der hymnische, volltönende Auftakt Coming Home, unverkennbare Clubkracher wie :Duett (Das Minnelied der Incubi) oder der Singleerfolg Ich bin ein wahrer Satan, der einige Monate zuvor in vier aufwändigen Versionen erschienen war, beweisen abermals eindrucksvoll, in wie vielen musikalischen Sphären sich ASP zuhause fühlen. Finger weg! Finger! setzt die Leidenschaft für schnelle, punkige Goth-Kracher fort, die man schon mit Ich will brennen und Schwarzes Blut voll auszuleben wusste. Doch der unbestreitbare Höhepunkt findet sich auf der zweiten CD des Doppelschlages: Mit dem Requiem setzt sich Asp ein songschreiberisches Denkmal, das in seiner gewaltigen Tiefe wahrlich seinesgleichen sucht. Mönchsartige Chöre leiten diese endgültige Totenmesse ein, verbinden das Lebensende (Requiem) mit dem Neubeginn (Embryo). In diesem - alles entscheidenden - Werk stürzt jede Karrierephase der Band in einem gewaltigen musikalischen Niederschlag auf den Hörer herab. Er wird zermalmt im Mahlstrom extremer Kontraste, zwischen Fragmenten zarter Harfen und donnernder Gitarren, sakraler Choräle, pulsierender Elektroriffs und rollender Rockbeats. Musikalische Querverweise, Selbstzitate und vor allem das textliche thematische Aufgreifen sämtlicher Handlungsstränge aus dem ASPschen Gesamtwerk verbinden das majestätische Requiembryo zum Ganzen, zur Inszenierung der endgültigen Schlacht zwischen Asp und dem Schwarzen Schmetterling.
Doch wie soll man etwas bekämpfen, das seit so langer Zeit ein Teil von einem ist? Wie kann man den Kampf gegen das eigene Ich gewinnen, ohne selbst unterzugehen? Die Antwort darauf liegt bereits im Titel dieses letzten Kapitels verborgen...manchmal muss man das Leben geben, um leben zu können.
Der Dunkle Turm liegt in Ruinen, Asps Seele ist nicht länger Schlachtfeld dieses siebenjährigen Kampfes. Was danach kommt, steht in den Sternen. Doch was es auch ist: Es wird stets mit demselben schwarzen Herzblut, derselben Fannähe und demselben Drang zum Perfektionismus geschehen, die bisher alle ASP-Werke zu ganz eigenen Dunklen Türmen innerhalb der Gothic-Szene emporwachsen ließen.

Björn Springorum